Methode
Zunächst taucht das Kind im Hören eines Märchens in die Welt der Träume und der Fantasie ein.
Da Kinder in Bildern denken und in einer Welt leben, in der alles lebendig ist, gibt es keine Grenzen der Fantasie. Alles ist möglich, auch das Unmögliche.
Der Held des Märchens steht vor großen Herausforderungen und gefährlichen Situationen, die er meistern muss. Das schafft er auch und wird am Ende glücklich.
Das Kind kann mit dem Helden des Märchens durch die Handlung gehen und sich mit ihm identifizieren.
Dabei wird der Erfolg der Hauptperson des Märchens als sein eigener erlebt.
Die Botschaft des Märchens ist eindeutig: Es gibt Probleme und Konflikte, aber man kann sie überwinden – auch wenn man sich zuerst noch so schwach und klein fühlt.
Dieser inhaltlich positive Verlauf eines Märchens erzeugt eine lebensbejahende, freudvolle Grundstimmung, in die Kinder gerne eintauchen.
Das Märchen lässt das Kind mit Mut und Zuversicht in die Zukunft gehen.
Wirkung
Schon während des Hörens wird das Kind ruhig, es kann sich entspannen und erholen.
Die therapeutische Wirkung der Entspannung erlebt das Kind durch die Identifikation mit der Hauptperson des Märchens.
Das Kind übt in seiner Fantasie zusammen mit der Hauptperson eines Märchens die Ruhe, Schwere, Wärme… und fühlt dies am eigenen Körper.
Die Aufforderung: Schau mal, wie es aussieht und wie es sich anfühlt, kann die kindliche Wahrnehmung sensibilisieren. Das Kind kann eigene Wünsche und Ideen einbringen und in seiner Fantasie umsetzen.
Dieser kreative Akt kann ein Gegengewicht zu dem Konsum fremdbestimmter Außenbilder, insbesondere durch die der Medien, sein.
Ziel
Durch regelmäßiges Üben lernt das Kind seinen Körper sensibel wahrzunehmen, zu beobachten und zu beeinflussen. Es lernt seine angespannte Muskulatur und seine angespannte Seele zu entspannen und damit zu entlasten.
Zur Lebenshilfe wird dem Kind die Erkenntnis, dass es über einen großen inneren Schatz verfügt, der nicht versiegt und dem es vertrauen kann.
So wird das Kind autonom, kann sich jederzeit und überall ohne fremde Hilfe entspannen, beruhigen und erholen. Es vertraut auf seine eigene Kraft. Das Kind gewinnt größeres Selbstvertrauen und kann seine Selbstheilungskräfte aktivieren.
Bruno Bettelheim: Kinder brauchen Märchen, dtv 1980